Standort  Laubacher  Tor

Die Glas-Stele steht am Anfang der Neanderstraße an der Stelle des damals existierenden Stadteingangs "Laubacher Tor".

 

Als "Ömjang" wurde der "Bürgerumgang" außerhalb entlang der damaligen Stadtmauer bezeichnet – auf der heutigen Kreuzstraße und der gleichnamigen Gasse verlief in etwa der damalige Ömjang.

Standort Laubacher Tor / Neanderstraße


Von der Pulverjass zum Ömjang

Es ist das 17. Jahrhundert: Zwei kräftige, breit gebaute Kaltblüter ziehen ein Fuhrwerk durch das Bergische Land. Der beschwerliche Weg führte durch Auenlandschaften, durch Wälder und Heiden, vorbei an Quellen und Feuchtwiesen, über Grün- und Ackerland und auf halber Strecke führte der Weg den Kutscher samt seiner Ladung um eine kleine Stadt am Bach.

 

Aus Süden kommend fuhr der Kutscher auf sie zu und stieß zu allererst auf das „Elberfelder Tor“. Schon aus der Ferne konnte er zwei massive Kalksteinpfeiler erkennen, auf denen ein großes Giebeldach ruhte. Zwischen den Pfeilern prangte eine mächtige Eichentür. Vor ihm ragte eines der drei Stadttore empor! 

 

Manches Mal, wenn er auf die Stadt zufuhr, konnte er einen Blick durch die mächtige Eichentür des Tores werfen. Ein kurzer Blick auf ein kleines Fachwerkhaus, das die Bewohner wegen seiner direkten Lage am Stadttor „Das Haus unten an den Pforten“ nannten. Ein kurzer Blick die Hauptstraße hinauf, Mühlenstraße genannt. Gern wäre er diese einmal gefahren. Es wäre immerhin eine kleine Abkürzung seiner langen Reise gewesen. Eine Abwechslung gar!

 

Doch blieb das Tor für diesen Kutscher geschlossen. Er musste sein Fuhrwerk stets um die kleine Stadt herumlenken. Denn ihm und vielen anderen aus seiner Zunft galt die erste Umgehungsstraße der Stadt. Sie führte den Kutscher bis zum Düsseldorfer Tor. Eine harmlose Strecke mit explosivem Namen: Pulverjass

 

Im Jahre 1424 wurde dem „Dorp Medemen“ das Recht zugesprochen, „van vortan eine Freyheit zu sein und zu ewigen dagen zu bliwen“. Mit der Freiheit kam die Stadtmauer, mit der Stadtmauer kam die Umgehungsstraße und diese verlief knapp dreitausend Fuß (800 Meter) entlang der Mauer von Tor zu Tor. 

 

Zu verdanken hatte der Kutscher den kleinen Umweg seiner Ladung. Gemessen in Pfund war sie nicht sonderlich schwer, und dennoch war sie eine große Last. Schwarzes Pulver fuhr er durch die Lande!  

 

Die Bewohner der kleinen Stadt am Bach waren zu Recht besorgt um ihre Fachwerkhäuser. Schließlich brannte ein Haus aus eichenen Holzbalken, deren Zwischenräume mit Lehm, Stroh- und Holzgeflecht gefüllt waren, lichterloh, hatte es erst einmal Feuer gefangen. Und auch wenn die Bewohner von den Brunnen der Stadt bis hin zum Brandherd Ketten bildeten und sich hektisch mit Wasser gefüllte Löschsäcke aus Leder oder Leinen reichten, um sie über den lodernden Flammen zu entleeren, hatte man kaum eine Chance, ein Feuer wirklich zu löschen, bis nicht das ganze Haus, ganze Straßenzüge, oder gar eine ganze Stadt niedergebrannt war. Drum hatten gefährliche Ladungen, wie eben Schießpulver, der Stadt fern zu bleiben. So war die Umgangsstraße geboren. Und diese nahm der Kutscher Fuhre für Fuhre. 

 

Eine dreizehn Fuß (4 Meter) hohe Blauschiefermauer hielt ihn von der kleinen Stadt fern. Gern hätte er sein Fuhrwerk auch einmal durch diese wunderschöne Stadt gezogen. Im Innern der Stadtmauern gab es zu dieser Zeit schon befestigte Straßen. Das Klackern der Blotschen auf dem Kopfsteinpflaster schallte hier und da über die Stadtmauer, während er sein Fuhrwerk weiter um die Stadt herum lenkte. Vorbei an den Wehrtürmen, von denen wachsame Blicke in die Ferne schweiften, um vor drohender Gefahr zu warnen. Gefahrlos passierte er das „Laubacher Tor“. Von hier aus hätte er hinunter zum Brunnen fahren können, seine Pferde tränken. Aber auch dieses Eichentor blieb für ihn und seine Ware verschlossen.

 

Sein Weg war vorbestimmt! Vorbei am Schelmenturm, der nun hinter der Mauer emporragte, seinen dunklen Schatten auf die Pulverjass warf und aus dem der Kutscher manch Gesindel klagen hörte. An diesem bedrohlichen Ort zog er etwas kräftiger an den Zügeln, so dass er schnell das „Düsseldorfer Tor“ erreichte. Von diesem Tor aus hätte er den „Ömjang“ hinunter spazieren können. Die kleine Gasse im Innern der Stadt entlang der Stadtmauer, die vom Stadttor hinunter zum Mühlenteich führte. Dort hätte er den Staub abwaschen können, der sich beim Anstieg zum Schiefergebirge auf ihn gelegt hatte. Er hätte auch über den kleinen Markt wandern können, der auf der Oberstraße stattfand, um seinen Proviant aufzufüllen. Vielleicht hätte er auch einfach nur eine Rast im Schatten des Turms der St. Lambertus-Kirche gemacht. Doch das Tor blieb zu! 

 

Kaiser Karl der Große, dank seines Königshofs an der „Strata Coloniensis“ auch Urvater dieser Stadt, soll seinerzeit die Worte gesprochen haben: „Auch den Menschen solle man gut halten“. In dieser kleinen Stadt am Bach war dies möglich. Der Mensch war gut gehalten! Und das nicht nur, weil der Kutscher mit seiner bedrohlichen Ware um die Stadt herumfuhr.

 

Vom „Düsseldorfer Tor“ führte ihn seine Reise wieder hinfort. Tellergroße Hufabdrücke säumten seine Spur auf all den unbefestigten, oft matschigen Wegen. Hinter seinem Rücken schaukelte die schwere Last. Geplagt von der Reise und verzückt von dem Verlangen, einmal in die Stadt hineinzufahren statt drumherum, fasste der Kutscher einen Entschluss. Sein Fuhrwerk könnte in Zukunft auch Fässer mit Bier transportieren, oder Säcke mit Mehl, oder auch Leder, Seide oder Wolle. Denn all diese Waren würden der Schlüssel sein. Der Schlüssel zur Stadt, die er so gern einmal nicht umfahren hätte: Mettmann!

Autor: Marek Heindorff


Bild:

„Ömjang“ (Bürgerumgang) um 1830.

Quelle: nach Horst G. Hütten

Ömjang (Bürgerumgang) um 1830